Der Tierversteher
Qualipet steht für die erste und grösste Zoofachmarkt-Kette der Schweiz – nicht zuletzt dank seinem Gründer und Inhaber Rolf Boffa, der sich seit 30 Jahren mit viel Herzblut um das Wohl der Tiere sorgt.
Haustiere, vor allem Hunde und Katzen, haben einen hohen Stellenwert – dito in der Schweiz, wie Rolf Boffa (66), Gründer und Inhaber von Qualipet, bestätigt. Der Patron ist das, was man einen Selfmade-Millionär nennt. Vor 30 Jahren bei Null angefangen, erzielt er heute mit dem Verkauf von Tiernahrung, Hundebiskuits, Kratzbäumen oder Futternäpfen einen jährlichen Umsatz von rund 172 Millionen Franken. Zudem beschäftigt er 675 Mitarbeitende, davon 68 Lernende in 90 Filialen. Damit ist Qualipet mit Hauptsitz in Dietlikon hierzulande die klare Nummer eins, vor dem deutschen Zoofachmarkt-Rivalen Fressnapf mit 53 Schweizer Standorten.
Einer seiner neusten Läden steht in Hinwil. Hier führt Boffa die 16 Jurymitglieder des «Prix SVC Wirtschaftsraum Zürich» gleich zu seiner neusten Innovation: Einem Barf Shop. Hinter der englischen Abkürzung für «biologically appropriate raw food» verbergen sich viel gefrorenes Fleisch, Fisch und andere Zutaten, die Tierbesitzer für ihre Lieblinge zu Nahrung vermischen können. «Die modernen Ernährungstrends haben auch die Katze und den Hund erreicht», sagt Boffa.
Neben der Barf-Theke säumen lange Futterregale den Laden. Es gibt Nahrung für Hundewelpen, Jungtiere, grosse Hunde und kleine Rassen. Oder Funktionsfutter für Hunde mit Magenbeschwerden, Laktoseintoleranz, Allergien sowie Vitaminmangel. Zwei Regale weiter hinten stehen dieselben Produkte – für Katzen. Dass das Funktionsfutter tatsächlich einen Nutzen bringt, zeigt sich an der Lebenserwartung. «Wie wir Menschen leben gleichfalls unsere Haustiere immer länger.» Ein Grund sei sicher die verbesserte Futterqualität, so der Qualipet-Gründer.
Verkaufen liegt ihm im Blut
Abgesehen davon können Aquarien, Katzenspielzeuge, Fellpflegemittel, Terrarien und Kleintiere wie Kaninchen, Hamster oder Meerschweine gekauft werden. Letztere erleben gerade ein Revival. «Meerschweine sind wieder sehr gefragt», sagt Boffa. Aber auch exotische Tiere wie Echsen, Schlangen, Spinnen und eine grosse Auswahl an Insekten werden bei Qualipet verkauft. Eine Vielzahl davon züchtet das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Lorica, einer auf Reptilien spezialisierten Firma. Mittlerweile ist Lorica die grösste Reptilienzuchtstation Europas. «Mit der Zucht ist die nachhaltige Erhaltung vieler wildlebender Arten gesichert», erklärt Boffa.
Der Patron verkauft nicht nur Tierbedarf, sondern ist wie 90 Prozent seiner Angestellten selbst ein grosser Tierliebhaber. Seine Frau und er haben zwei Hunde, eine Katze und einen Teich mit Koi-Fischen. Doch neben seiner Liebe zu Tieren treibt ihn vor allem eines an: Seine Neugier, Neues auszuprobieren. Unternehmer zu sein heisse, etwas zu unternehmen, etwas zu riskieren. Mehr als scheitern könne man ja nicht. «Darum heisst es ja Unternehmer – und nicht Unterlasser», sagt er.
Boffas Karriere fing an mit dem Inserate-Verkauf für den «Zürcher Oberländer». Bald überzeugte er den Besitzer eines Hundemagazins aus Deutschland, ihm die Lizenz für eine Schweizer Version zu geben. Noch heute gibt Qualipet die Zeitschriften «Katzen-Magazin» und «Hunde-Magazin» heraus, die an jedem Kiosk erhältlich sind. Der Qualipet-Katalog wird darüber hinaus in einer Auflage von 450000 Exemplaren gedruckt und allen Kunden zugestellt.
1991 gründete Boffa schliesslich die Qualipet AG und eröffnete die erste Filiale in Dietlikon. Seither hat er jedes Jahr drei bis vier Niederlassungen lanciert. 2000 übernahm Qualipet die Tierfreund AG und führte mit der Quali-Horse-Linie ein Sortiment für Pferdebedarf ein. 2007 wurden alle Mitarbeitende des Zoofachmarkts MyFriends AG und deren 13 Standorte integriert. Aus dem Ausland kriegt der Schweizer Branchenprimus immer wieder Übernahmeangebote. Aber bisher liess Boffa die Finger davon. «In den letzten fünf Jahren sind wir jährlich 2 bis 4 Prozent gewachsen», sagt er. «Ich bin mir sicher, dass das Ende der Fahnenstange im Inland noch nicht erreicht ist.»
Neue Technologien begeistern
Einer der Wachstumsmärkte sind neue Technologien. Immer öfter werden den Tieren Chips im Hals eingesetzt. Nicht nur, um sie wieder zu finden, falls sie weglaufen sollten, sondern auch, um sie ins Haus zu lassen. So öffnet sich etwa das elektronische Katzentor nur auf das Funksignal des Chips der eigenen Katze. Aber auch Futternäpfe lassen sich via Chip regeln. Je nachdem welche Katze sich dem elektronischen Futternapf nähert, öffnet sich nur eines der Törchen. Dadurch kann verhindert werden, dass die eine Katze der anderen die Mahlzeit wegfrisst. «Ich bin begeistert von den neuen Technologien.»
Bald ist es 30 Jahre her, seit Boffa seine erste Qualipet-Filiale eröffnete. Ein Grund für seinen Erfolg sei, dass die Branche mehr oder weniger krisenfest sei. «Wenn die Leute weniger Geld haben, sparen sie eher bei den Ferien oder beim Auswärtsessen als beim Tier», weiss er. Dennoch wachsen die Bäume selbst beim Tierbedarf nicht unbegrenzt in den Himmel. Obwohl zum Beispiel immer mehr Schweizer einen Hund haben, verkauft Qualipet deshalb nicht mehr Futter – im Gegenteil: «Kleine Hunde liegen immer mehr im Trend», sagt er. So war der Chihuahua 2016 der meistgekaufte Hund. «Diese fressen natürlich deutlich weniger.»
2018 will Boffa ein Futterabo lancieren. Vielleicht wird er sich wieder als Pionier durchsetzen, wie er es schon mit dem ersten Fachmarkt in der Schweiz getan hat. Zeit und Geduld hat er. Denn auch wenn Boffa das Rentenalter bereits erreicht hat, denkt er noch nicht ans Aufhören. «Ich fühle mich fit und ziehe mich in Etappen zurück.» Er liebe seinen Beruf und habe seinen Nachfolger bestimmt. Dereinst wird sein Sohn Fabian Boffa (32), derzeit Chef Einkauf und stellvertretender Geschäftsführer, in seine Fussstapfen treten.
Erschienen in 2018