Bildung steht auf der Kippe

Die Mehrzahl der grossen Städte muss den Gürtel enger schnallen.

Die finanzielle Lage in den Städten verschlechtert sich rapide. Wie eine Umfrage der SonntagsZeitung zeigt, rechnet die Mehrzahl der grossen Schweizer Zentren für 2014 mit einem Defizit. Für die Experten ist klar: Jetzt drohen Steuererhöhungen.

Urs Müller, Professor für Nationalökonomie an der Universität Basel, sagt: «Der Grund für die Defizite liegt vor allem in den steigenden Ausgaben für Sozialhilfeleistungen, den öffentlichen Verkehr und die Schulbildung.» Müller leitet das Sparprogramm «Aufgaben- und Strukturüberprüfung» (ASP 2014) des Kantons Bern und unterstützt die Stadt Biel bei der Sanierung ihrer Stadtkasse.

Für die Zukunft sei denn auch keine Entspannung in Sicht. «Der Verkehr und die Nachfrage nach Schulbildung wird unter anderem aufgrund der Zuwanderung weiter zunehmen. Und die Ausgaben für Sozialhilfeleistungen sind primär von der konjunkturellen Entwicklung abhängig», sagt er. Davon betroffen seien nicht nur die grossen, sondern auch immer mehr kleinere Städte.

Da die Städte diese Faktoren kaum beeinflussen können, zeichne sich eine klare Trendwende ab: «Steuererhöhungen sind kein Tabu mehr», so Müller. Gleich mehrere Kantone und Städte würden derzeit über Steuererhöhungen diskutieren. Städteverbandspräsident Kurt Fluri (FDP) stösst ins gleiche Horn. Er erwartet Steuererhöhungen – und befürchtet, dass viele Städte den Gürtel enger schnallen müssen: Betroffen seien vor allem die Bereiche Sport, Kultur und Freizeit, und auch bei der Bildung müssten sich einige Städte auf Sparübungen einstellen.

Winterthur hat die Steuererhöhung beantragt

Das bisher grösste Defizit für 2014 verkündete vergangene Woche die Stadt Zürich mit 213,8 Millionen Franken. Zudem rechnet die Stadt damit, dass der Verlust in den drei Folgejahren weiter ansteigt, womit das Eigenkapital bis spätestens 2016 aufgebraucht wäre. Gegensteuer soll das im Herbst 2012 lancierte Projekt «17/0, Leistungsüberprüfung» geben. Damit will der Stadtrat erreichen, dass ab dem Jahr 2017 die Rechnung wieder ausgeglichen ist. Laut Mitteilung soll eine grosse Bandbreite von Leistungen überprüft werden.

Unangetastet bleibt hingegen der Steuerfuss von 119 Prozent. Allerdings hält Finanzvorsteher Daniel Leupi (Grüne) gegenüber der SonntagsZeitung fest, dass bei unvermindert schlechter Finanzlage diese Massnahme für die Zukunft zu prüfen sei.

Kein Tabu ist eine Steuererhöhung hingegen in Winterthur. Der Stadt fehlen aktuell 62 Millionen Franken. Nebst dem seit Januar laufenden Sparprogramm «effort 14+», welches «langfristig gesunde Stadtfinanzen zum Ziel hat», beantragt der Stadtrat beim Parlament die Erhöhung des Steuerfusses von 122 auf 127 Prozent. Damit hätte Winterthur den höchsten Steuerfuss des Kantons.

Auch in Lugano und in Biel drohen Steuererhöhungen. Letztere Stadt gilt als Hochburg der Sozialhilfeempfänger. Biel beantragt, die Steuern mit dem Budget 2014 um zwei Zehntel zu erhöhen. Lugano rechnet für das Jahr 2014 mit tiefroten Zahlen und will rund 5 Prozent mehr Steuern abschöpfen.

Nicht rosig sieht die Zukunft auch in Bern und in Genf aus. Budgetierten sie für 2013 noch eine schwarze Null, rechnen sie für 2014 mit einem Fehlbetrag. Demgegenüber prognostiziert Basel-Stadt, dessen Budget sich auf den gesamten Kanton bezieht, erneut einen Ertragsüberschuss. Mit der geplanten Unternehmenssteuerreform III drohen dem Kanton allerdings erhebliche Steuerausfälle.

Erschienen in 2013

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